In den 50er Jahren hatte der Astronom Jiři Gottwald eine zeitweilig
vielbeachtete Theorie entwickelt. Am Anfang - so meinte er - hätte es
nicht nur eine, sondern zwei Sonnen gegeben. Der Junior-Partner
allerdings wäre - durch eine wachsende Unwucht - davon geschleudert
worden; in seinem Schweif hätten sich die Planeten gebildet, und der
Rest dieser Sonnenschwester eiert noch immer auf einer merkwürdigen
weiten Bahn durch unsere Milchstraße. Und obwohl diese Gottwald-
Theorie im Laufe der Jahre wieder verworfen wurde, widmete sich der
stille Forscher ganz der Entdeckung dieser Zweit-Sonne. Auch während
seiner jüngsten Arbeit in der Europäischen Südsternwarte in Chile,
versuchte Gottwald, den Beweis seiner Theorie zu finden. Und dann -
vor gut einem halben Jahr - war er plötzlich verschwunden - und da
beginnt die ganze Geschichte einigermaßen mysteriös zu werden: Seine
Kollegen - ein kleines Team, das sich um die Erforschung
interstellarer Röntgenquellen kümmerte - unternahm überhaupt nichts:
Es gab keine Nachforschungen, keine Ermittlungen. Man ging einfach
weiter der gewohnten Arbeit nach, und als Gottwalds Sohn - ein
Physiker aus Karlsruhe - begann, Fragen zu stellen, wurde er mit
oberfaulen Ausreden und offensichtlichen Lügen abgespeist.
Zum Glück war Gottwald Junior nicht der einzige, der sich Sorgen
machte: Auch Dr. Hallström, ein Studienkollege des alten Astronomen,
war beunruhigt. Und Hallström war sofort der Meinung, dass das ein
Fall für Paul E. Pop wäre: Unser Held wäre ihm schließlich noch
einiges schuldig. Und Paul blieb am Ende gar nichts anderes übrig, als
den jungen Gottwald in den Norden Chiles zu begleiten. 120 Kilometer
von der nächsten Stadt entfernt; inmitten der knochentrockenen
Atacama-Wüste, wurde dort in den letzten paar Jahren das VLT erbaut -
das “Very Large Telescope”: Ein Hightech-Observatorium der
Europäischen Union. Nachdem sich “der Mann aus dem
Jenseits” als Journalist einer Fachzeitschrift ausgegeben hatte
wurde er von den ESO-Mitarbeitern fast wie ein Ehrengast behandelt:
Fotos, Interviews, Pressemappen - er wurde mit allem versorgt. Nur die
kleine Forschergruppe von Dr. Jubert - in der auch der verschwundene
Gottwald mitgearbeitet hatte - war anscheinend besser informiert. Dort
wusste man ziemlich genau, dass er, wie Jubert es zynisch ausdrückte,
nichts anderes, als ein “kleiner Kneipenwirt” war. Und
wenn Paul nicht riskieren wollte, das herauskam, wie er die ESO
übertölpelt hatte, dann sollten er und sein Begleiter - der Physiker
Andreas Gottwald - so schnell wie möglich das Weite suchen. Ganz ohne
Zweifel: Die acht schweigsamen Forscher der Jubert-Gruppe hatten
einiges mit dem Verschwinden des alten Astronomen zu tun ...