Das Wort “mysteriös” wäre eine freundliche Untertreibung, wenn man damit das Verschwinden des Astronomen Jiři Gottwald beschreiben wollte. Bis zum Mai hatte der alte Physiker noch am VLT - im europäischen Hightech-Observatorium - in Chile gearbeitet, und danach war er wie vom Erdboden verschluckt. Seine Arbeitskollegen, ein kleines Team unter der Leitung eines Dr. Jubert - schienen das nicht eimal wahrzunehmen. Erst die - immer dringlicheren - Anfragen von Gottwalds Sohn aus Deutschland schreckten schließlich die Verantwortlichen auf. Aber auch sie wollten nicht recht reagieren: Einerseits, weil sie eine offizielle Untersuchung durch die chilenische Polizei vermeiden wollten; andererseits, weil es plötzlich keinerlei Unterlagen mehr über den verschwundenen Astronomen gab.
Natürlich konnten sich einige in der Südsternwarte noch gut an den introvertierten alten Forscher erinnern. Aber offenbar hatte sich jemand die Mühe gemacht, wirklich alle Daten über die Beschäftigung und die Arbeit des Physikers zu vernichten. Selbst die Sicherungskopien in der ESO-Zentrale im Bayrischen Garching waren entwendet oder gelöscht worden. Und die einzigen, die mehr über die Geschichte wussten, schwiegen hartnäckig: Dr. Jubert und sein siebenköpfiges Team hielten fest zusammen, als Paul E. Pop auf dem Cerro Paranal aufkreuzte, um zusammen mit Gottwald Junior das Verschwinden des Astronomen zu untersuchen. Sie reagierten geradezu feindselig, als “der Mann aus dem Jenseits” seine Fragen stellte.
Und tatsächlich haben sie wohl einiges zu verbergen: Nur wenige Tage nach Pauls Ankunft setzten sich zwei der Mitglieder von Juberts Team - bei Nacht und klarem Sternenhimmel - ab: Es wäre vermutlich nur eine Frage der Zeit gewesen, bis man Chris McEvory und seine Frau Charlotte entlarvt hätte. Die beiden renommierten schottischen Wissenschaftler waren nämlich nichts, als begabte Hochstapler. Die echten McEvorys hatten sich - vor einiger Zeit - in ihrer Heimat zur Ruhe gesetzt. Damit wurde die chilenische Bergluft immer dünner - für den ehrenwerten Dr. Jubert. Wenigstens er hätte schließlich bemerken müssen, dass da zwei Schwindler in seiner Gruppe waren. Und spätestens mit der Flucht der McEvorys müsste denn eigentlich auch die Verwaltung des VLT reagieren, die es bislang erfolgreich geschafft hatte, alle Fragen und Widersprüche unter einen dicken Teppich zu kehren.