Es lief alles nach Plan - oder vielmehr: Der Plan entstand mit dem Laufen. Mit Pauken und Trompeten hatte der junge Paul E. Pop Ende der Siebziger seine erste Wohnung bezogen, hatte davon geträumt, als Rockstar stinkreich und berühmt zu werden. Und als daraus überhaupt nichts wurde, begannen die Dinge wirklich gut zu laufen: Er stolperte über eine exklusive, anständig bezahlte Arbeit in einer der größten privaten Filmsammlungen Europas; er jobbte an den Wochenenden in einer gut laufenden Neonbar, und sein notorisch unterbelichtetes Konto begann sich allmählich zu füllen.
Das Geld brauchte er aber auch, denn nachdem er Judith kennengelernt hatte, war auch für unseren Helden klar, dass er seine Heimat-Insel Berlin eher früher als später verlassen würde, um irgendwo zu leben, wo es wärmer und weniger eng war. Mit einem ersten gemeinsamen Urlaub in Griechenland bekam die unglaubliche Glückssträhne aber auch schon wieder Risse. Paul und Judith wurden in Athen genötigt, ein unscheinbares Päckchen über die Grenzen zu bringen. In dem Umschlag befanden sich zwar tatsächlich nur vollkommen harmlose Papiere. Aber die Empfänger - die Import-Export-Spezialisten Hafez und Saed Kostanakis - hatten etwas ganz anderes erwartet. Für sie deutete alles darauf hin, dass unsere harmlosen Urlauber sie übers Ohr gehauen hatten. Und das schrie nach Rache. Gut ein halbes Jahr währte die berüchtigte Ruhe vor dem Sturm: Die Kostanakis-Brüder kannten weder Pauls noch Judiths Namen, und es war nur einer dieser typischen Großstadt-Zufälle, der sie schließlich auf die richtige Spur brachte.
Unser Held reagierte panisch: Scheibchenweise recherchierte er zusammen, dass sie da wirklich zwischen den Mahlsteinen des organisierten Verbrechens gelandet waren. Das war kein Spiel mehr; das war blutiger Ernst. In anderen Städten hatte die berüchtigte Syrien-Connection nie lange gezögert, wenn es darum ging, Verräter, Betrüger und Feinde aus dem Weg zu schaffen. In Berlin wollten sie gerade erst Fuß fassen - und da sollte denn schon mal ein Exempel statuiert werden: Es ging immerhin um den guten “schlechten Ruf” eines weit verzweigten Familienunternehmens. Diejenigen, die sich in Berlins Unterwelt auskannten, rieten Paul, ein paar Jahre lang unterzutauchen. Pauls Tante Margarethe war allerdings ganz anderer Meinung: Sie alarmierte sofort “Bärchen”, der eigentlich Günther heißt und bei der Kriminalpolizei tätig war. Und der wollte “mal sehen”, was man da unternehmen könnte.
Judith allerdings, die mitten in ihren Studienarbeiten steckte, fühlte sich völlig überrollt, von dieser Lawine, die ihr Freund da in seiner Panik losgetreten hatten. “Es ist besser, wenn wir uns eine Weile nicht mehr sehen,” hatte sie gesagt - und Paul ahnte, was diese Worte bedeuteten.