Die Gefahr ist gebannt, die Lage verzweifelt: So sah die Situation für Paul aus, nachdem die Berliner Polizei den überaus unangenehmen Hafez Kostanakis in Haft genommen hatte. Hafez war einer der beiden Köpfe der Syrien-Connection: Ein Familienunternehmen, das die Mauerstadt in den Achtzigern mit allerlei lukrativen Pülverchen versorgen wollte. Eine dumme kleine Intrige war Schuld daran gewesen, dass sich die Kostanakis-Brüder ausgerechnet an unserem Helden und an seiner Freundin Judith rächen wollten. Aber diese Affäre war gerade noch mal glimpflich ausgegangen - nicht zuletzt dank Pauls Tante Margarethe und ihrem damaligen Freund Günther, der ganz zufällig auch ein echter Hauptkommissar war. Wenigstens ein Jahr lang würde der Import-Export-Spezialist hinter Gittern sitzen, und das sollte unserem Helden genug Zeit geben, seinen lange vorbereiteten Ausstieg auf den Weg zu bringen.
Nach nur einem kurzen Griechenland-Urlaub hatte er bereits Blut geleckt und war fest entschlossen, lieber früher als später an einen wärmeren, schöneren, exotischeren Ort zu ziehen. Alles war - im Grunde genommen - bestens gelaufen, aber Paul war dennoch unglücklich: Judith hatte ihn nämlich - nach nur einem Jahr - wieder verlassen, und das nagte schwer an ihm. Sein weitläufiger Bekanntenkreis schleppte ihn zwar auf jede Party, stellte ihm unentwegt alleinstehenden Freundinnen, Schwestern und Kolleginnen vor. Aber irgendwie funkte es einfach nicht. Paul verwandelte sich - in seinen eigenen Worten - zurück in den einsamen Großstadtwolf, grimmig entschlossen seine Finanz-Polster noch ein wenig komfortabler werden zu lassen, um dann endlich die Großstadt hinter sich zu lassen.
Sein zweiter Urlaub - eine Pauschalreise nach Marokko - setzte ihm dabei den nächsten Floh ins Ohr: Er lernte ein Pärchen aus Ludwigshafen kennen, das zwischen Atlas-Bergen und Atlantik gerade dabei war, einen Flugschein zu machen. Und sofort war unser Held Feuer und Flamme: Genau das wollte er auch machen: Fliegen lernen, eine kleine Maschine kaufen und dann all die Orte besuchen, die er bislang immer nur in seinen Träumen gesehen hatte. Ich selber gehörte zu denjenigen, die ihm damals sagten: “Nun komm mal wieder runter!” - noch bevor er überhaupt abgehoben hatte. Aber offenbar ließ sich Paul nicht beirren: Nachdem er gemerkt hatte, dass er mit seinen Piloten-Plänen in Berlin nur noch Spott erntete, hielt er einfach die Klappe. Niemand dachte mehr an seine Spinnereien, als er eines Tages plötzlich verschwunden war. In diesen letzten Monaten in der Stadt allerdings blühte er noch einmal richtig auf: Er verwandelte sich von einer Randfigur zu einem wirklich schrillen Vogel.