Ausnahmsweise ist Paul E. Pops neuestes Radio-Abenteuer mal nicht mit
einer langen Reise verbunden: Praktisch direkt vor der Haustür seiner
Wahlheimat Tobago liegt die kleine Insel St. Vincent - eins der
letzten Karibik-Paradiese, die noch nicht vom Massentourismus
heimgesucht wurden. Dort, in den dichten Regenwäldern unter dem
Soufrieré-Vulkan hatten ein paar junge Archäologen der 'University of
Glasgow' ihre Zelte aufgeschlagen - und tatsächlich hatten sie eine
echte Sensation freigelegt: Im Norden von St. Vincent, begraben unter
einer Schicht Lava und Vulkanasche befindet sich ein Maya-Tempel, der
offenbar erst nach der Ankunft der Spanier in der neuen Welt errichtet
wurde.
Als die 'Conquistadores' in Mexiko einmarschierten und gleiche
mehrere alte Kulturen in einem Handstreich zerstörten, muss sich ein
kleines Häuflein von Indianern aufgemacht haben, um eine neue Heimat
zu suchen. Und sie fanden dieses Exil - mehr als 3000 Kilometer
entfernt, auf den kleinen Antillen. Dort - so scheint es - wurde der
letzte Tempel der Mittel-Amerikaner errichtet, und ihre Nachkommen
leisteten den Europäern erbitterten Widerstand. Bis ins 18.
Jahrhundert, während Franzosen, Engländer, Spanier und Niederländer
längst den Rest der Karibik unter sich aufgeteilt hatten, blieb St.
Vincent unerforscht und unbezwungen. Und nun - unter einer Bergflanke
des Dschungels - war auch der Grund für diese Entschlossenheit
entdeckt worden.
Dass diese Ausgrabung - im letzten Sommer - nicht längst bekannt
wurde, gehört allerdings zum zweiten großen Rätsel dieser Expedition.
Keiner der rund 25 Teilnehmer war ein richtiger, ausgelernter
Archäologe; statt dessen wurde die Expedition angeführt von dem
arroganten, selbstherrlichen, bisweilen auch bedrohlichen Spencer
Willcox, dem Sohn des 28. Duke of Stirling. Er hatte seinen
Kommilitonen erhebliche Summen abgenommen, um diese Ausgrabung zu
finanzieren - und er verlangte ihnen auch sonst einiges ab. Wie ein
Diktator herrschte er über das kleine Dschungel-Camp, und dabei hatte
er seine Mitstreiter erstaunlich gut im Griff. Wie sich Willcox diesen
Respekt verschaffte, war Paul und Rita nach ihrer ersten Nacht an der
Grabungsstätte noch vollkommen unklar; die jungen Studenten gingen den
meisten ihrer Fragen aus dem Weg, und “seine Lordschaft” -
wie Willcox spöttisch genannt wurde - hatte es ihnen sehr übel
genommen, dass unsere beiden Abenteurer seinen weitschweifigen,
grandiosen Vortrag über Kultur und Geschichte der Karibik abgewürgt
hatten. Es herrschte ein angespanntes, misstrauisches Klima im
Dschungel von St. Vincent. Aber die Neugier von Paul und Rita war -
angesichts der erstaunlichen Entdeckung - endgültig geweckt.